Lebendige Tradition seit 1824
Das Kinderfest ist seit bald 200 Jahren eine feste Tradition in der Stadt St.Gallen. Sie begann 1824 als «Jugendfest» und lässt sich auf ältere Festbräuche zurückzuführen, etwa einem Gregorius- und einem Rutenfest. Bis 1909 nahmen auch Kadetten und Artillerie am Umzug teil. Daran erinnern heute noch die morgendlichen Böllerschüsse aus einer alten Kanone.
Die Grundstruktur des Anlasses bildete sich schon früh heraus: Bereits zur ersten Durchführung gehörte der Festzug durch die Innenstadt bis zur Festwiese. Die Kinderfest-Bratwurst wurde 1830 eingeführt.
Auftritt der Textilstadt
Das Fest hat sich im Laufe der Jahre verändert. Um die Jahrhundertwende stand die Präsentation der heimischen Textilprodukte im Mittelpunkt. Schulkinder und Zuschauer trugen die neuesten Modekreationen, sei es in Form der weiss bestickten Mädchenkleider oder auch farbenfroher und edler Stoffe. Durch die Wirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg und den Mentalitätswandel in den späten 1960er Jahren traten die Stickereien etwas in den Hintergrund. Heute ist das gestickte Weiss, verarbeitet zu festlichen Kleidern für Mutter und Tochter, nach wie vor am Umzug und auf dem Festplatz anzutreffen.
Seit 2015 wurde das Band zur Textiltradition wieder stärker geknüpft: Textilfirmen aus der Region unterstützen die Schulen bei der Festkleidung und bei den Festaufführungen. Heute präsentiert sich das Fest in einer Art, die der heutigen Generation von Kindern und Jugendlichen entspricht.
(Bild: St.Galler Kinderfest 1902 - Lithographie von Carl August Liner)
Schweizerisches Kulturerbe
Das St.Galler Kinderfest ist seit 2012 als lebendige Tradition der Schweiz registriert. Die Liste des Bundesamts für Kultur umfasst rund 200 bedeutende Formen des nationalen immateriellen Kulturerbes.
- Pop Up: Es öffnet sich ein neues Fenster: https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/de/home/traditionen/kinderfest-st-gallen.htmlEintrag «St.Galler Kinderfest» der Website «Lebendige Traditionen» neues Fenster
Chronik
1824
Das erste Kinderfest, ursprünglich «Jugendfest» genannt, wurde am 28. September 1824 abgehalten, 797 Kinder nahmen teil. Bis 1914 wurde es jährlich durchgeführt.
1860
Kauf der Kinderfestwiese auf dem Rosenberg durch die Ortsbürgergemeinde
1914
Keine Kinderfeste aufgrund des Ersten Weltkriegs 1914-1918. Ebenso verdoppelte die Stadtverschmelzung 1918 (Eingemeindung von Straubenzell und Tablat) die Bevölkerungszahl und damit die Schülerzahl.
1927
Wiederaufnahme der Tradition dank Geldsammlung und städtischem Kredit, fortan im Zweijahres-Turnus.
1939-1946
Keine Kinderfeste aufgrund des Zweiten Weltkriegs.
1946
Aufhebung des Kadettenwesens, wodurch die Korps nicht mehr am Kinderfest teilnehmen.
1948
Entstehung des Kinderfestliedes von Georg Thürer (Text) und Paul Huber (Musik).
1953
Erstmals 100'000 Besucherinnen und Besucher am Kinderfest.
1968
Einführung des Dreijahres-Turnus, der bis heute gilt
(Ausnahme 1989 wegen des Langschuljahres und 2011 wegen des Eidgenössischen Musikfests).
1968, 1971, 1974
Vorzeitige witterungsbedingte Abbrüche des Kinderfests (1968 und 1971 nachgeholt)
1980
Einführung der Modeschau der Lernenden der Textil-Lehrateliers der Gewerblichen Berufsschule.
2012
Erstmals gestalten Kinder der Talentschule Gestaltung der Volksschule das Kinderfest-Plakat, und erstmals werden die Sozialen Medien für den Anlass genutzt. - Aufnahme ins Kulturelle Erbe der Schweiz.
2015
Stärkere Anbindung ans textile Erbe: In Zusammenarbeit mit Swiss Textiles unterstützen regionale Textilfirmen die Schulen bei der Umsetzung der Ideen für die Kleidung und die Darbietungen.
2021
Aufgrund der Corona-Pandemie und Budget-Einschränkungen fiel das Kinderfest aus.
2024
200-Jahr-Jubiläum
Zum Schauen und Lesen
- Pop Up: Es öffnet sich ein neues Fenster: https://www.stadt.sg.ch/home/raum-umwelt/staedtische-projekte/realisierte-projekte/baudokumentationen/_jcr_content/Par/stsg_accordion_list/AccordionListPar/stsg_accordion_1337925730/AccordionPar/downloadlist_19/DownloadListPar/download.ocFile/183_baudoku_kinderfest_web.pdfHochbauamt St.Gallen: «Kinderfest: Bauen für einen Tag» (Baudokumentation 2015) neues Fenster
- Beda Hanimann: «Das Stadtfest auf der Kuhweide» (St.Galler Tagblatt, 22. Juni 2012) neues Fenster
- Pop Up: Es öffnet sich ein neues Fenster: https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/bildstrecke/das-stgaller-kinderfest-fast-200-jahren-tradition-ld.1030551#lg=1&slide=9Historische Galerie (St.Galler Tagblatt) neues Fenster
Die reich bebilderte Broschüre «Das St. Galler Kinderfest» gibt einen Einblick in die Entstehung und Entwicklung des ältesten Schweizer Volksfestes.
24 Seiten, Separatum aus Josef Weiss: Schulstadt St. Gallen, 2004.
Der zur gleichnamigen Ausstellung im Textilmuseum von 2015 erschienene Katalog widmet sich der Geschichte und Gegenwart des St. Galler Kinderfestes sowie seiner Einbettung in historische, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenhänge. Historische und zeitgenössische Darstellungen des Kinderfestes illustrieren den Band.
Der Katalog ist wie alle Publikationen des Museums und der Ostschweizer Textilindustrie im Shop erhältlich und auch online bestellbar.
148 Seiten, erschienen im Verlag Hier + Jetzt, Zürich 2015.
Texte und Lieder
Durch die Jahre und Jahrzehnte inspirierte das Kinderfest Literatur, Dichtung und Gesang.
- Gesprochene Texte zum Kinderfest von J.C. Heer (1904), O. Fässler (1917), I. Dorizzi (1967) und R. Weibel (2012) aus: Neun Streifzüge durch das literarische St.Gallen, 2022 neues Fenster
- Johann Linder, Kinderfestlied (Minute 17.20 - 23.10) neues Fenster
- Kinderfestlied (1948, aus dem Festspiel "Frau Musika" von Georg Thürer, Musik: Paul Huber) neues Fenster
- Paul Huber: St.Galler Kinderfest-Polka (1948) neues Fenster
Filme